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Repression gegen Demonstration der Mapuche Mauricio Buendia Weder die Kälte noch die Bedrohung durch die Polizeigewalt konnten die Mapuche einschüchtern, als während einer kämpferischen Demonstration in Temuco grobe Repression in Form von Diskriminierung und Arroganz der staatlichen Institutionen zutage trat. Arroganz und Vorherrschaft haben sich in verschiedenster Art und Weise bereits im Laufe der Geschichte manifestiert, aber in der letzten Zeit Besorgnis erregende Züge angenommen. Das Vorgehen der Polizei erfolgte auf der Basis des jüngst geschaffenen Strafprozessgesetzes (Ley de Procesamiento Penal), das in der IX. Region angewendet wird. Das hier implementierte juristische Vorgehen wird von den Mapucheorganisationen kritisiert, da es gegen sie verwendet wird. Nach Meinung des Anwaltes Rodrigo Lillo ähneln die polizeilichen Maßnahmen dem Vorgehen in einem autoritären Regime. Auch Roberto Celedón, ebenfalls Anwalt, zieht diese Parallele und betrachtet den Hausfriedensbruch am Sitz des Consejo de Todas las Tierras durch die Polizei und die Beschlagnahmungen sogar als eigenmächtigen Einsatz der Sicherheitskräfte. Seiner Auffassung war dieses Vorgehen unverhältnismäßig und hasserfüllt, begleitet von Gewalt und Diskriminierung und würdige das Ansehen des Ministerio Público herab. Manuel Santander vom Consejo de Todas las Tierras weiß zu berichten, dass es nicht einmal einen Durchsuchungsbefehl gab und meint, dass sich die Polizeiaktion einreiht in eine Spirale der polizeilichen Gewalt, die sowohl durch juristische Entscheidungen als auch durch die Regierung gestützt werden. So gab es bspw. den Wechsel von Provokation und Repression seitens der Polizei vor dem Friedensmarsch, der seinem Namen Rechnung getragen hätte und friedlich geblieben wäre, wenn es nicht die exzessive Gewalt durch die Polizei gegeben hätte, so Luis Tranamil, Führer der Gemeinden Cantera, Metrenko und Makewe. Reaktionen Die Reaktion der Mapuche wird seinerseits als Produkt
der Provokation, als Selbstverteidigung angesehen, denn es wurde auf alles
eingeschlagen, auch auf Frauen und Kinder. Den Medien und der Regierung
wird vorgeworfen, falsche Tatsachen wiederzugeben. Es bestehe weder Sensibilität
noch Interesse seitens der lokalen Autoritäten, das Wesen des Mapuchekonfliktes
zu verstehen. Das Ausmaß des Unverständnisses zeige sich u.a.
darin, dass die meisten Kommunikationsmedien den Gewaltcharakter der Demonstration
und das Dutzend verletzter Polizisten hervorheben. Geschwiegen werde jedoch
über die weitaus größere Anzahl verletzter Mapuche. Keine
Erwähnung findet ebenfalls die Stürmung des Sitzes des Consejo
de Todas las Tierras unter Einsatz von Tränengas und die Zerstörung
der Einrichtung. Im Dunkeln bleiben auch die tatsächlichen Beweggründe
für den Hass auf ein Volk, das nichts anderes will, als würdevoll
zu leben. Denn daraus leitet sich das Motiv ab, sich zur Verteidigung
seiner Rechte einzusetzen. Die Demonstration in Temuco war so organisiert,
dass sie dezentral an verschiedenen Punkten der Stadt stattfand und die
Polizei somit zwang, gleichzeitig an mehreren Einsatzorten zu sein. Das
Unvermögen, den Taktiken der Mapuche "adäquat" zu
begegnen, trug sicherlich dazu bei, den Hass auf sie zu nähren. So
war die gewalttätige Repression wenig überraschend. Trotz anders lautender Beteuerung der Regierung
gäbe es keinen "neuen Umgang" mit den Indígenas
konstatiert Domingo Rain von der Gemeinschaft Malalhue in der Kommune
Teodoro Schmidt und bescheinigte der Polizei fehlende Demokratie, sowie
Arroganz und Überheblichkeit. Aus seiner Sicht fand eine Demütigung
Aller statt, die wie Hunde geschlagen wurden. Auch über ihn seien
sie hergefallen, hätten ihn geschlagen und beschimpft. Er konstatierte
einen enormen Rassismus und das Führen eines eigenen Krieges der
Polizei gegen die Mapuche. Oberst Luis Torres, Präfekt von Cantíu
hingegen bekundete, dass seine Männer mit "Professionalität"
gearbeitet hätten. Alfonso Reiman, Präsident der Asociación
Ñankucheo aus Lumako zog aufgrund dieses Vorgehens Parallelen zu
den Zeiten unter Pinochet, wenn er davon berichtete, dass die Polizeikräfte
vor nichts Halt machten und sogar Frauen schlugen. Dass sogar schwangere
Frauen von Schlägen nicht verschont blieben, wusste Francisco Quemel,
Gemeinderatsmitglied aus Metrenquen in der Kommune Teodoro Schmidt, über
die Respektlosigkeit der Sicherheitskräfte zu berichten. Obwohl er
selbst keine Privilegien wolle, müsse er dennoch sagen, dass auch
vor ihm als Gemeinderatsmitglied kein Halt gemacht worden sei. Er sei
am Demonstrationstag um 14 Uhr verhaftet worden und als letzter am folgenden
Tag um 14 Uhr freigelassen worden. Das Demonstrieren für die Lebensbedingungen
der Mapuche, habe ihm Tritte, Schläge, Rassismus und despektierliche
Behandlung eingebracht. Wie andere zuvor hob auch er die Brutalität
gegenüber den demonstrierenden Frauen hervor. Insgesamt wurden 126 Personen verhaftet, sechs von ihnen mit der gewohnheitsmäßigen Beschuldigung der Beschädigung von Eigentum. Domingo Rain sah jedoch den Schaden auf der Seite der Mapuche lokalisiert, denn diese seien wie Verbrecher behandelt worden und es fehle an Mut, den ihnen zugefügten Schaden einzugestehen. Die Regionalregierung zeige kein Interesse an einem Dialog und beharre auf der Haltung eines Großgrundbesitzers in der Beziehung zu den Mapuche und gegenüber ihren Forderungen. Seitens der Regionalregierung versicherte Intendentin Berta Belmar, dass man als Behörde nicht die Erlaubnis zu erneuten Demonstrationen geben werde. Die Mapuche sind jedoch nicht gewillt, die Zerstörung ihres Volkes hinzunehmen. Sie klagen die Behörden der geheimen Absprache mit transnationalen Firmen bei Projekten auf dem Territorium der Mapuche an. Es wird auch die Befürchtung geäußert, dass, das was dem Consejo widerfahren ist, sich in jeder Gemeinde mit jeder Organisation wiederholen könne. Auch Javier Quidel vom Ayllarehue de Truf-Truf verdeutlichte, dass das Mapuchevolk nur in Würde leben wolle. Daher werde man nicht akzeptieren, dass die Regierung mit einer Strategie der Repression fortfahre. Unter den aus Truf-Truf geschädigten Menschen seien auch Minderjährige. Dass die Gewalt von der Polizei ausgegangen sei, verdeutliche die Vielzahl der verletzten Mapuche. Pablo Mariman, Lehrender am Instituto de Estudios Indígenas de la Universidad de La Frontera, wurde im Zentrum von Temuco verhaftet und bestätigte die Aussagen und Berichte über die Polizeigewalt. Nach seiner Darstellung seien sie beim Besteigen des Kleinbusses der Polizei schreiend u.a. als Scheißindios beschimpft worden, während man ihnen mit Stöcken auf Rücken und Schultern geschlagen habe. Nach der Ankunft auf dem 2. Kommissariat habe man sie sofort mit den Händen im Nacken gegen die Wand gestellt, wie in der Diktatur. Es habe großes Gedränge gegeben und niemand habe ihnen weder eine Erklärung noch eine Mahlzeit gegeben. Auch seien keine politischen Autoritätspersonen herbeigebracht worden, z.B. weder kirchliche noch der Bürgermeister. Während eigene Begleitpersonen Essen herbeibrachten, seien Personen in Zivil eingeschleust worden - vermutlich Beamte - zur Personenidentifikation, die mit Sicherheit Videoaufzeichnungen gemacht hätten. Fazit Die wichtigsten Schlussfolgerungen lauten: Die
Mapuche protestieren aufgrund der Repression gegen sie. Der Aufruf zu
dieser Demonstration folgt einer Politik der sich immer wiederholenden
Repression, die geheime Absprachen mit nationalen und transnationalen
Firmen und der chilenischen Regierung getroffen hat, deren Interessen
durch Gerichte und die Polizei geschützt werden. Es ist legitim,
dass die Mapuche ihre Interessen und ihre Würde verteidigen und für
ihr Überleben kämpfen. In diesem Sinne ist es entscheidend,
die Differenzen zwischen den einzelnen Organisationen zu überwinden
und eine innere Einheit der Mapuchebewegung zu schaffen. In der Mobilisierung
von Temuko wird sowohl von Alfonso Reiman aus Lumako als auch von Domingo
Rain der Auftakt zu der angestrebten Einheit gesehen. Zwar gibt es in
den Zusammenkünften und Seminaren keine Einheit, jedoch - und das
wird als das Entscheidendere angesehen - zeigte sich diese auf der Straße.
Daher symbolisiert diese Mobilisierung den Auftakt eines Prozesses, in
dem alle gleich sind und alle die gleiche Diskriminierung erleiden. Die
gut geplante und durchgeführte Aktion erfährt eine positive
Bewertung. Aber den aufrufenden Organisationen ist klar, dass nicht nur
für die aktuellen Probleme gekämpft wird. Der Kampf bezieht
sich auf politische und territoriale Rechte und auf die Autonomie, weil
die Mapuche in Frieden leben und ihre Zukunft sicherstellen wollen. Deshalb
wird auch von Aukan Huilcaman vom Consejo de Todas las Tierras die Mobilisierung
als eine neue Etappe im Kampf für die Landrechte und die politischen
Rechte bewertet. Das heißt, dass es wichtig ist, der Bewegung Orientierung
zu geben. Im Gegensatz zu dem, woran Regierung und Gerichte festhalten,
handelt es sich nicht um ein polizeiliches Problem oder ein Kriminalitätsproblem,
sondern um ein politisches. Die Regierung muss laut Francisco Quemel verstehen, dass das Problem nicht das der einen oder anderen Gemeinschaft ist, sondern des ganzen Mapuchevolkes. Dieses muss die Regierung akzeptieren. Die Mapuche werden nicht weiter hinnehmen, dass auf ihrem Rücken gehandelt wird. Zudem stellen die Runden Tische bisher in der Praxis nur Monologe mit den Mapuche dar und entbehren jeglicher Repräsentativität. Die Position der Mapucheorganisationen ist kategorisch: wenn die Regierung einen Dialog will, muß dieser gleichberechtigt sein. Darüber hinaus muß politischer Wille existieren, um konkrete Lösungen gemeinsam mit der Mapuchebewegung zu definieren. Dazu gehört die reale Partizipation in allen Bereichen, die Freilassung aller politischen Gefangenen, die Annullierung der Prozesse gegen Mapuche wegen der Beteiligung an Landnahmen, die unverzügliche Beendigung der Großprojekte innerhalb des Mapucheterritoriums und vor allem die Akzeptanz, , dass die politischen Rechte der Mapuche eine unumgängliche Realität sind. Wenn der Staat sich weigert zu akzeptieren, dass die extreme Armut der Mapuche bedingt ist durch den extremen Reichtum einer Minorität, wird er mit dem Widerstand eines Volkes konfrontiert sein, dass sich niemals gebeugt hat und bei der jüngsten Mobilisierung in Temuco zeigte, dass es sich vor Repression nicht fürchtet. Bearbeitung und Übersetzung: Bernadette Reining |
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