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Versammlung der Mapuche der Linken

Brief an die Präsidentin Bachelet über die Situation der Mapuche-Inhaftierten im Hungerstreik

Concepción, Mittwoch, 12.04.2006

Frau: Michelle Bachelet Jeria
Präsidentin der Republik Chile
Palast La Moneda
Santiago.

Hiermit wenden wir uns als Versammlung der Linken Mapuche an Sie. Wir möchten Ihnen mitteilen, dass wir alle in der VIII Region von Bio-Bio wohnhaft sind, dass wir gleichzeitig Mitglieder oder Leiter von Lafkenche-Gemeinschaften der Provinz Arauco sind, sowie Teil von Vereinigungen Urbaner Mapuche sind, und so die breite indigen-soziale Bewegung des Landes darstellen.

Konkret ausgedrückt, Frau Präsidentin, fühlen wir uns alle als Menschen der Erde. Wir alle sind und bilden einen Teil des Volkes der Mapuche, so wie auch unsere Alten, die schon gegangen sind, die gleichen, die uns die riesige Verantwortung hinterliessen, weiterhin frei zu leben, eine gesunde Erde zu schützen und zu erhalten, auf dass neue Generationen, - sowie sie und wir alle - weiterhin Kinder eines Territoriums sein können, dass uns beherbergt, das uns hat aufwachsen sehen, und das uns aufgrund von Naturgesetzen gehen sehen wird, um wahrscheinlich den Platz einzunehmen, den es uns zugewiesen hat.

Deshalb und in vollkommenem Einklang mit dem Erbe, das wir in uns tragen, müssen wir Ihnen unsere höchste Sorge bekunden, was momentan im Gefängnis von Angol mit unseren Brüdern passiert, welche am 13.03.2006 in einen Hungerstreik treten mussten, um von der nationalen und internationalen Volksmeinung gehört zu werden, und damit auf diese Weise ihr Recht anders zu sein, geachtet wird.

Angesichts dieser Ereignisse möchten wir Sie darauf hinweisen, dass was dort mit ihnen passiert, die Folge eines beispiellosen Gerichtsverfahrens ist, unsere Brüder wurden für „terroristische Brandstiftung“ verurteilt durch ein Gericht, das, wie uns gesagt wird, Garant des Rechtsstaates einer Gesellschaft ist, die sich demokratisch nennt. Nichtsdestotrotz, wenn wir um uns herumschauen, sehen wir, dass demokratische Gesellschaften funktionieren, wenn die Mächte des Staates gerecht und unparteiisch sind, wenn die Menschenrechte respektiert werden, wenn die Rechte der ursprünglichen Kulturen respektiert werden, wenn allen Bürgern ein angemessener Prozess zugestanden wird, und dies, wenn sie irgendeinen Fehler begangen haben, was bei ihnen nicht der Fall ist.

Präsidentin, unser Volk hat, wie Sie selbst, die Verherrlichung eines diktatorischen und autoritären Regimes wie das, mit dem wir 17 Jahre gelebt haben, gesehen und am eigenen Fleische erlitten. Zu dieser Zeit wurden die Schwächeren und Andersdenkenden unterdrückt, bestraft und zum Schweigen gebracht. Deshalb verschließt sich unser Geist, wenn das Antiterror-Gesetz angeführt wird, um unsere Brüder zu verurteilen, denn dieses Gesetz ist ein Erbe des Pinochet-Regimes, und obwohl es durch die erste demokratische Regierung modifiziert wurde, ist es weiterhin das schädigende Instrument einer Demokratie. Wir denken, dass Sie dies ebenso gut wissen wie wir.

Dieser Vorfall, sehr geehrte Präsidentin, bestätigt uns darin, dass unser Volk historisch diskriminiert wurde, nie als Rechtsperson innerhalb des chilenischen Staates einbezogen wurde, deshalb ist uns jetzt mehr denn je klar, dass wir nie Teil der chilenischen Nation waren. Wir sagen dies, weil sie es bei ihrer Gründung 1810 ohne uns machte. Und heute, da wir nicht existieren, sind es nur wenige, die sich trauen, uns verfassungsrechtlich anzuerkennen, die sich trauen, das Abkommen 169 der O.I.T. zu ratifizieren, wenige sind es, die etwas Interesse am Bericht des Sonderberichterstatters der UNO, Herrn Rodolfo Stavenhagen, zeigen. Schlussendlich sind es wenige, die sich an ihre Wahlversprechen erinnern, wenn sie einmal gewählt sind.

Frau Präsidentin: die politischen Mapuche-Gefangenen im Hungerstreik: Jaime Marileo Saravia, Juan Huenulao Lienmil, Patricia Troncoso Robles, Juan Marileo Saravia, Juan Colihuinca Ancaluan und José Cariqueo Saravia, sowie die Lonko Pascual Pichun, Aniceto Norin. Und in der Region des Bio-Bio selbst, Víctor Ancalaf Yaupe, sind unsere Brüder, auf welche nach dem Sonderberichterstatter der UNO „nicht Anklagen aufgrund von Vergehen aus anderen Kontexten (terroristische Bedrohung, kriminelle Vereinigung) angewendet werden sollten, wenn es um Tatbestände im Zusammenhang mit dem sozialen Kampf um Land und den legitimen indigenen Einsprüchen handelt.“

Wir sind der Meinung, Frau Präsidentin, dass nun, da Chile überlegt, dem Menschenrechtsrat der UNO beizutreten, zuerst einmal das Leben unserer im Hungerstreik befindlichen Brüder im Gefängnis von Angol erhalten und sich um eine Lösung des Themas, welches uns betrifft, kümmern muss. Dafür sprechen sich sowohl die Empfehlungen des Berichterstatters der UNO sowie in den letzten Wochen der Bericht der FIDH aus, als sich auch zu Jahresanfang Amnesty International in gleichem Sinne äussern wird.

Von unserer Seite, als Versammlung der Mapuche der Linken (AMI) und wie wir es bei unserer letzten Ratsversammlung der Lonko am 25.3.2006 festgelegt haben, werden wir weiterhin kämpfen und daran arbeiten bis wir die Freiheit all unserer inhaftierten Brüder erlangen. Wir werden weiter kämpfen für die Anerkennung unserer Rechte, wir werden weiterhin unser Land verteidigen, unsere natürlichen Ressourcen. Wir werden nicht ruhen, bis wir den zukünftigen Generationen ein freies und souveränes Wallmapu hinterlassen können.

Und um Ehrung dieser bürgerlichen Prinzipien willen, die wir anrufen, bitten wir Sie um Folgendes:

Ihre direkte Intervention in dieser Angelegenheit, so dass unsere Brüder freigelassen und freigesprochen werden von den Vergehen, derer sie angeklagt sind und dies in einem fairen Prozess.

Gewähren Sie uns, wie es schon der Rat der Lonko von Ihnen verlangt hat, die Audienz um die wir sie gebeten haben.

Schreiten Sie in diesen ersten hundert Tagen Ihres Mandats dazu, in den betreffenden Kammern die Ratifizierung des Abkommens 169 der O.I.T. einzubringen.

Beginnen Sie einen Prozess des sozialen Dialogs und der Beteiligung von Mapuche, um die verfassungsrechtliche Anerkennung der indigenen Völker neu zu positionieren, da uns diese in ihrer momentanen Formulierung in nichts verkörpert.

Ohne weitere Anliegen, sehr geehrte Präsidentin, für den Rat der Lonko der Versammlung der Mapuche der Linken, VIII Region des Bio-Bio:

Jobelino Liencura
Lebu
Saturnino Yevilao
Cañete
Silvia Norin
Tirúa
Osvaldo Millahual
Tirúa
Roberto Almendras
Cañete
Luis Llanquilef
Tirúa
Marcos Lleufo
Hualpen
   

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Aus dem Spanischen übersetzt von:
Andrea Liberona

überarbeitet von:
Karin Dufek-Wehrhahn
Mapuche International Link

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