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Drinnen, Draußen und Dazwischen Beziehungsprobleme zwischen Mapuche und chilenischer Gesellschaft Rolf Foerster und Jorge Iván Vergara Die Mapuche-Frage hat im heutigen Chile eine wachsende
aber auch paradoxe Bedeutung bekommen. Wachsend, da sie immer stärker
von der öffentlichen Meinung, den Medien, der Politik und der Zivilgesellschaft
wahrgenommen worden ist. Und paradox, da trotz der neuen Indígena-Gesetzgebung
und der größeren gesellschaftlichen Sensibilität für
die Thematik keine substantiellen Veränderungen in der Art und Weise
gibt, wie sich der Staat, die Unternehmen und die herrschende Elite, samt
deren Sprachrohr Mercurio, mit der Mapuche-Gesellschaft auseinandersetzten.
All dies hat zu einem signifikanten Anstieg der Anzahl und Intensität
"ethnischer Konflikte" geführt, für die es seitens
der in diese Konflikte verwickelten Akteure keine übergreifenden
Lösungen gibt. Wir wollen an dieser Stelle eine Interpretation vorschlagen, die ein bis jetzt wenig entwickeltes Moment aufgreift: Die Forderungen nach Anerkennung und die Anerkennungspolitiken. Aus dieser Perspektive heraus interpretieren wir die Mobilisierungen, Organisationen und Forderungen der Mapuche als einen Kampf um Anerkennung, der historisch betrachtet zwei Dimensionen hatte: die bäuerliche (Forderungen nach Krediten, Verbesserung der Infrastruktur, etc.) und die ethnische (u.a. Forderungen nach Respektierung der ethnischen Identität, eine interkulturellen und zweisprachigen Bildung und einer gesetzlichen positiven Diskriminierung). Unsere Hypothese ist, dass in den letzten Jahren eine dritte Dimension auftrat, die die vorher genannten umfasst und ihnen einen neuen Sinn verleiht: die Forderung nach der Anerkennung als Volk-Nation. Dies soll im folgenden als ethno-nationale Form der Anerkennung bezeichnet werden. Wir versuchen jetzt die Formen zu zeigen, wie sich die Forderungen nach Anerkennung der Mapuche mit den Anerkennungspolitiken des chilenischen Staates verbinden bzw. wie sie sich entgegenstehen. Darüber hinaus soll gezeigt werden, wie dies seitens der herrschenden Elite und deren wichtigsten ideologischen Sprachrohr, der Zeitschrift Mercurio, einem wahrhaft "organischen Intellektuellen" der chilenischen Rechten, des Unternehmertums und der Streitkräfte, gesehen wird. Für dieses Flaggschiff der chilenischen Presse ist die ethnische Anerkennungspolitik der Regierungen der Concertación ein fundamentaler Fehler, sowohl was die Beurteilung als auch was die Strategie betrifft. Für den Mercurio schafft diese Politik die Bedingungen zur Entwicklung einer radikalisierten, indigenistischen Bewegung, die gewalttätig und separatistisch ist. Dadurch werden letztlich der Rechtsstaat, die öffentliche Ordnung und das ökonomische Wachstum und nicht zuletzt die Einheit der Nation gefährdet. An dem anderen Extrem finden wir den ethno-nationalistischen Mapuche-Diskurs, ein Diskurs, der spiegelbildlich zum Diskurs des Mercurio, eine drastische und definitive Abspaltung von Chilenen und Mapuche vorschlägt, ohne dass es einen gemeinsamen Horizont gibt, der ein Verständnis ermöglichen könnte. Die Beziehungen zwischen beiden werden nur als Negation, Autonegation und Unterdrückung der Mapuche-Kultur gesehen. Diese Sichtweise hat ihre Vorläufer in den 70er Jahren, hat aber mit der Präsenz eines Diskurses, der zur einer praktischen Umsetzung der Separation der Mapuche mittels einer (Re-) Kreation der Mapuche-Nation eine neue Dimension angenommen. Mapuche im Kampf um Anerkennung Beim Volk der Mapuche können drei Formen der
Suche nach Anerkennung unterschieden werden. Die erste ist die bäuerliche,
die sehr einfach in den Mobilisierungen und den Forderungen entdeckt werden
kann. Auch viel autobiografische Zeugnisse belegen, wie viele Mapuche
sich selbst als zumeist verarmte Kleinbauern verstehen. Eine zweite Tendenz ist die ethnische. Hierbei
handelt es sich um eine ganz allgemeine Forderung der Anerkennung, die
im Laufe des 20. Jahrhunderts verschiedene Ausprägungen angenommen
hat, wie beispielsweise in bezug auf die Sprache, die Erinnerung und die
Religion. Ihr politischer Ausdruck ist eng verbunden mit Organisationen
wie der Federación Araucana und der Corporación Araucana
in der Vergangenheit und heute mit ADMAPU und der Junta de Caciques de
Butahuillimapu, u.a. Eine dritte Tendenz ist die erst kürzlich aufgetretene ethno-nationale, weswegen wir ihr hier mehr Platz als den vorigen einräumen. Außerdem ist dies bei aktiven Organisationen der vorherrschende Diskurs in bezug auf die Konflikte mit Unternehmen, privaten Landeignern und dem Staat. "Wir befinden uns heute nicht nur in einem Konflikt um Land oder Territorium - sagt Victor Nagui - , sondern in einem ethnisch-nationalen Konflikt der Mapuche - Nation gegen den chilenischen Staat." In diesem kurzen, aber prägnanten Auszug wird der Charakter der Forderungen der Mapuche seitens eines wesentlichen Teils der Führungsschicht und der Intellektuellen deutlich definiert. Die ethnische Anerkennungspolitik der Regierung
wird von dieser Strömung scharf kritisiert. Für den Consejo
de todas las tierras gebührt dem Indígena-Gesetz nicht einmal
die Ehre, sich so zu nennen: Es ist ein Gesetz von und für den Staat.
Wenn sie auch in verschiedenen Punkten anderer Meinung sind, so stimmt
der Repräsentant von Meli Wixan Mapu (urbane Mapuche-Organisation
in Santiago; d.R.) und Sprecher der Comunidades en conflicto in Santiago,
Alihuen Antileo in diesem Punkt zu. Das Gesetz bleibt den Mapuche fremd,
weil es sie nicht als Mapuche-Nation anerkennt. Von "ethnischer Minderheit"
oder "Urbevölkerung" zu sprechen heißt, den Mapuche
eine Definition von außen aufzuerlegen, um sie weiterhin zu unterdrücken.
Nur die Definition als Nation ist angemessen und bildet die Grundlage,
auf welcher der Staat und die chilenische Gesellschaft die Mapuche behandeln
sollen. Folglich wird die Beziehung zum chilenischen Staat
als offener, permanenter und globaler Konflikt verstanden werden. Für
die Coordinadora de Comunidades en Conflicto heißt dies, wenn sich
kein fundamentaler Politikwechsel seitens des Staates vollzieht, dass
dann die Mobilisierungen und Aktionen der Mapuche sich in einen Kampf
für die "nationale Befreiung" transformieren werden. Das
Mapuche International Link sprach im Mai 1999 in ähnlichen Worten
von der "Rekonstituierung des Meli-Butalmapu und der Schaffung einer
Übergangsregierung" sowie "der Transformation des angestammten
Mapuche-Territoriums in eine entmilitarisierte Zone unter dem Protektorat
und der Kontrolle der Vereinten Nationen zur Verhinderung eines Konfliktes
mit unvorhersehbaren Folgen." Sicher, unter den ethno-nationalistischen Führern und Intellektuellen gibt es wesentliche Unterschiede hinsichtlich der Denkart und der Aktionsformen. Die Coordinadora spiegelt möglicherweise den radikalsten Teil der Bewegung wieder. Andere machen keine derart scharfe Unterscheidung zwischen chilenischem Staat und der Mapuche-Nation. Wieder andere, wie der Dichter und Intellektuelle Elicura Chihuailaf und zum Teil der Consejo de todas las Tierras, appellieren an die chilenische Gesellschaft, dass diese das einheitliche Konzept des chilenischen Nationalstaates durch eine multinationale Konzeption ersetzt. Insgesamt gesehen steht es außer Zweifel,
dass die ethno-nationale Perspektive in den letzten Jahren u.v.a. 1999
an Kraft gewonnen hat. Wenn man die aktuellen Vorschläge der Mapuche-Organisationen
untersucht, stellt man fest, dass sich hier viele Elemente finden, die
auf diesen Problemhorizont abzielen. Gerade auch die Angst des Mercurios
(als selbsterfüllte Prophezeiung) trägt hierzu ebenso wie die
aktuelle Regierungspolitik (als unerwünschter Effekt) bei. Bleibt
die Frage, wie weit die Verbreitung reicht und welche emotionale Kraft
dieser "Ethno-Nationalismus" der Mapuche besitzt. Die Existenz
eines von Intellektuellen und politischen Führern geteilten ethnonationalen
Diskurses bedeutet nicht notwendigerweise, dass es eine nationalistische
Mapuche-Bewegung im engern Sinne geben würde. Der Nationalismus oder
Ethnonationalismus sind Massenphänomene. Deshalb soll die Rolle von
Intellektuellen und Politikern nicht übertrieben werden. Außerdem existiert die ethno-nationalistische Tendenz neben anderen in der Indígena-Bewegung und in der Mapuche-Gesellschaft. Ihr Erfolg wird in großem Maße davon abhängen, ob sie die ethnischen und bäuerlichen Forderungen in sich vereinigen und ihnen einen neuen Sinn verleihen kann. Die große interne Zerplitterung der Mapuche-Bewegung wird dabei ein großes Hindernis sein. Implizit kennen die Mapuche-Führer dieses Problem an, indem sie die Notwendigkeit der Vereinigung der Mapuche-Bewegungen fordern und den dringendsten Anliegen der Comunidades, z.B. bei der Wiedererlangung von Land, nachgeben. Der Mercurio in den Wirren der Dialektik Allgemein klagt der Mercurio an, dass die Regierung
mit ihrer Politik der positiven Diskriminierung das Indígena-Problem
geschaffen oder zumindest angeregt hat. Dabei gerät die negative
Diskriminierung ganz in Vergessenheit, die u.a. der Mercurio betreibt
und wodurch der "ethnischen Konflikt" angeheizt wird. Es gehört
nur wenig Phantasie dazu, sich die Reaktionen der Mapuche-Intellektuellen
angesichts der Lektüre des Mercurio vorzustellen. Es wäre hochgradig
absurd zu übersehen, dass das Flaggschiff der chilenischen Presse
Wortführer einer Politik ist, die von der "politischen Klasse"
der Mapuche scharf kritisiert wird. Aber die Situation ist komplexer: Es gibt einen
ganz besonderen Effekt zwischen den Mapuche-Intellektuellen und dem Mercurio.
Beide brauchen einander, beide spielen über den anderen auf die self-fullfilling
prophecy an. Die Argumentation des Mercurio bestätigt den Mapuche
was diese schon immer über den huinca gedacht haben - sie in eine
Nation zu integrieren, die nicht die ihre ist. Auf der anderen Seite hat
der Mercurio durch die derart negative Berichterstattung über einzelne
Mapuche-Führer, diese in wahrhafte Lokalhelden verwandelt. Der Fall
Aucan Huilcamán, Sprecher des Consejo de todas las tierras, ist
paradigmatisch. Ohne die Vermittlung von Presse und Fernsehen hätte
dieser Führer wahrscheinlich nicht die Bedeutung, die er heute hat. Wenn die Nation eine "imaginäre Gemeinschaft"
ist und diese Gemeinschaft Dank der Schrift existiert, dann kann vermutet
werden, dass der Mercurio in gewissem Maße das Medium der imaginären
Gemeinschaft ist, die wir als Mapuche kennen. Dabei handelt es sich um
eine permanente Operation und es können unzählige Beispiel aufgezählt
werden. Einige Familien besetzen ein Landstück und auf der Titelseite
des Mercurio ist folgende Schlagzeile zu lesen: "Mapuche nehmen Land
in Besitz"; und das Verbrennen eines Lastwagens, wird im Mercurio
als "Mapuche-Gewalt" bezeichnet. Offensichtlich dient ein solches
Vorgehen zur Förderung der besagten Gemeinschaft: Verschiedenen Subjekten
wird eine Identität und gleichzeitig ein Zusammengehörigkeitsgefühl
gegeben. Nun gut, in der Lesart des Mercurio ist diese Kollektivität
nicht selbstbezüglich, sondern ein Bestandteil eines größeren
Ganzen, dem sie sich unterzuordnen hat: der chilenischen Nation. Für den Mercurio sind die Mapuche nichts anderes
als ein "Teil der chilenischen Nation", weshalb sie auch nicht
mehr oder weniger fordern können als das, was jedweder andere verlangen
kann. Dies ist der Kern seiner Argumentation. Was aber nicht bedeutet,
dass er nicht anerkennt, dass die Mapuche nicht vollkommen in die Nation
integriert sind. Es wird von ihnen gefordert und ihnen vorgeschlagen,
dass es notwendig ist, sie zu inkorporieren. Die Politik der Concertación
aber hat genau den gegenteiligen Effekt gehabt. Darüber hinaus habe
die Regierungspolitik das "separatistische Gefühl" der
Mapuche stimuliert, eine Angelegenheit, die mittels der Politik des reinen
Marktes hätte vermieden werden können. Man möge uns eine kritische Bemerkung erlauben: Hier wird versucht mittels der Kombination von repressiven Strategien und dem Markt eine Politik der Zwangsassimilation durchzuführen. Damit würden die Vorschläge des Mercurio eben jenes Szenarium der heftigen Konflikte hervorrufen, das er gerade zu vermeiden sucht. Anerkennungspolitik der Regierung Während der Mercurio meint, dass die aktuelle
Verfassung die Entwicklung der "Urbevölkerung" erlaubt,
so geht die Regierung von dem Gegenteil aus. Die Verfassung muss verändert
werden. Es geht darum, "die neue Beziehung mit den indigenen Völkern",
die 1989 mit dem Pakt von Nueva Imperial begonnen wurde, zu verstärken.
" ...als ein Schritt, um die neue Beziehung zu den indigenen Völkern
zu stärken, wurde dem Kongress die Konvention 169 der ILO und die
Verfassungsreform vorgelegt. Beide Instrumente höheren Ranges trachten
danach, die Existenz indigener Völker die zu unserer Gesellschaft
gehören anzuerkennen und wertzuschätzen (Präsident Frei
1999)". (Im Parlament hat die ILO-Konvention nicht die nötige
Mehrheit erlangt, d.R.) Das Problem dieses Vorschlags ist seine Umsetzbarkeit, besonders die Reichweite der Anerkennung als Volk. Die Regierung weiß, dass es einen historischen Hintergrund für die Beziehungen beider Völker gibt. Diese Realität wird unter dem Schlagwort "historische Schuld" thematisiert. Hier schimmert das Bewusstsein durch, dass das Mapuche-Problem eine sehr viel andere Dimension hat als das anderer marginaler oder armer Gruppen, und dass es nicht auf seine ökonomische, bäuerliche Dimension reduziert werden kann. Dennoch, dies wird nicht in eine ethnische Anerkennungspolitik übersetzt, sondern verbleibt rein auf diskursiver Ebene oder als Rechtfertigung für einen größeren Aufkauf von Gebieten, die dann an die Mapuche verteilt werden. Für die Regierung ist das Thema der Anerkennung der Mapuche eine Last, die im Laufe der Zeit überwunden werden kann, was letztlich erlaubt, dass alle ihre vollen Bürgerrechte genießen können. Es wird eine tolerante und respektvolle Gesellschaft gefordert, eine pluralistische Gesellschaft, die die Diversität anerkennt und schätzt. Diese Haltung der Regierung Freis erscheint sehr demokratisch und politisch korrekt, ungeachtet lässt sie aber das, was seit Jahren über ethnische Konflikte bekannt ist: Erweiterte Bürgerrechte können solche Konflikte nicht kontrollieren, bremsen oder verhindern. Die einzelnen Gründe dafür mögen verschieden sein, aber herrschender Konsens ist, dass es darin um Machtfragen geht. Da ist das Thema der Armut, und das des Territoriums und der Herrschaft einer "nationalen Mehrheit" über eine "nationale Minderheit", was solche Vorschläge, wie die der Regierung Freis nicht sehen. Die Nation neu denken Wir möchten jetzt einige Reflexionen über
den zuvor beschriebenen Prozess anstellen. Die Modalitäten des Kampfes
um Anerkennung sind verschieden und komplex. Wir haben mindestens drei
Positionen: die der Mapuche, die der Regierung und die des konservativen
Sektors, die im Mercurio ihren Ausdruck findet. Wie gesehen gibt es zwischen
ihnen kaum Berührungspunkte. Im Fall der Mapuche sucht man mit immer
mehr Macht eine ethno-nationale Anerkennung zu erreichen, wobei die ethnischen
und bäuerlichen Ansprüche untergeordnet werden. In der Regierung
ist die Anerkennung ethnisch und staatsbürgerlich, obwohl es gleichzeitig
Tendenzen einer bäuerlichen Politik gibt. Für den Mercurio dagegen
ist nur eine Anerkennung möglich, nämlich die, die für
alle anderen Chilenen auch gilt. Dabei wird auf der Notwendigkeit der
Restauration des "Rechtsstaates" und der gewünschten aber
niemals vollendeten Integration der Mapuche in die chilenische Gesellschaft
insistiert. Dennoch, diese Unterschiede verbergen eine Gemeinsamkeit,
eine geteilte Vorstellung, die wir als ein Hindernis für eine offene
Debatte über die chilenische Nation und über die Zugehörigkeit
indigener Gruppen erachten. Dieses Hindernis ist die Präsenz eines
Verständnisses von Nation als Nation-Volk, als natürlicher Gemeinschaft,
deren Verbindungen nicht problematisch sind, sondern bereits gegeben und
definiert. Für die Mapuche, wie auch für alle anderen
indigenen Völker in Chile, ist die Entwicklung der Staatsbürgerschaft
aufs engste mit der Entwicklung und dem Respekt ihrer Kultur und ihrer
sozialen, politischen und ökonomischen Organisationsformen verbunden.
Solange die Notwendigkeit einer offenen Debatte zur Neudefinition der
Art der "nationalen" Zugehörigkeit nicht gesehen wird,
wird man wenig in der Lösung der ethnischen Konflikte, die die Beziehungen
der chilenischen Gesellschaft zu den Mapuche in den letzten Jahren geprägt
haben, voranschreiten können. Wenn es einen Teufelskreis gibt, so
besteht dieser sicherlich nicht darin, ethnische Forderungen aufzunehmen
und so zu ihrer fortschreitenden Verbreitung beizutragen, sondern in der
Nichtbeachtung der Forderungen nach Anerkennung der Organisationen und
der Comunidades der Mapuche, Forderungen, die heute zum großen Teil
einen ethno-nationalen Inhalt haben. Wir können hier keine konkreten Schritte zu
diesem Ziel aufzeigen, wohl aber einige Faktoren nennen, die diesen Dialog
begünstigen sowie Hindernisse, die ihm im Wege stehen. Letzterem
sind einige der Indígena-Bewegung zuzuschreiben. Denn auch diese,
und nicht nur die Regierung oder die Konservativen, formulieren eine substantialistische
Konzeption von Nation, genau so, wie wir es ausgeführt haben. Die
Idee der Wiedergewinnung der Mapuche-Nation und des Territoriums deuten
unabhängig von der politischen Realisierbarkeit auf eine klare Teilung
zwischen chilenischer Gesellschaft und Mapuche-Gesellschaft hin. Es geht
eben nicht nur um Autonomie, sondern um territoriale und nationale Unabhängigkeit.
Uns scheint, dass die Entwürfe von Mapuche-Intellektuellen wie Chihuailaf,
Indigenisten wie Bengoa und Theoretikern wie Habermas und Taylor eine
Möglichkeit eröffnen, die Beziehung zwischen einem weiterhin
bestehenden Konzept von Nation neu zu denken, ohne die Respektierung der
Differenz zu vergessen. Die nationale Integration geht nicht notwendigerweise
mit ethnischer Unterdrückung und falscher Anerkennung einher. Wenn
man dies akzeptiert, kann man an einen Kampf um Anerkennung denken, verstanden
als wechselseitigen Lernprozess zwischen Mapuche, den anderen indigenen
Völkern und den Chilenen. Als Analytiker des Problems wollen wir in keiner Weise der Mapuche-Bewegung irgendwelche Ziele auferlegen. Aber wir halten es für möglich, wenigstens einige Wege zum Dialog zwischen besagter Bewegung, Regierung und chilenischer Gesellschaft aufgezeigt zu haben, die die Hoffnung auf eine realistische Utopie eines harmonischen Zusammenlebens der verschiedenen Kulturen, Ethnien und Bevölkerungen Chiles nähren. Bearbeitung und Übersetzung: Olaf Kaltmeier Aus Castro,, Milka (Hg.): XII Congreso Internacional. Derecho consuetudinario y pluralismo legal: desafíos en el tercer milenio. (Marzo 13-17, 2000, Arica). Bd. 1., S. 101-206 ___________________________________________ Die SOLIDARIDAD - Berichte und Analysen erscheint
6 im Jahr. |
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